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(3) Ermessensentscheidungen und Schätzungsunsicherheiten

Umgang mit Ermessensentscheidungen und Schätzungsunsicherheiten

Die Aufstellung des Konzernabschlusses macht es erforderlich, in bestimmtem Umfang Ermessensentscheidungen über anzuwendende Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu treffen sowie Schätzungen vorzunehmen. Die Einschätzung des Ermessensspielraums beziehungsweise der Schätzungsunsicherheit erfolgt unternehmensspezifisch. Ermessen bezeichnet die Notwendigkeit, bei der Anwendung von Rechnungslegungsmethoden Annahmen bezüglich des Ansatzes oder der Bewertung zu treffen. Schätzungsunsicherheiten bestehen bei der Auswahl anzuwendender Bewertungsverfahren insbesondere in Bezug auf darin zu verwendende Parameter. In Abhängigkeit von der Verfügbarkeit und Verlässlichkeit von Inputfaktoren kann der Grad der Schätzungsunsicherheit stark variieren.

Erhöhter Unsicherheitsgrad aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage

Aufgrund der fortbestehend hohen Dynamik des gesamtwirtschaftlichen Umfelds ist der Unsicherheitsgrad bei der Erstellung des Konzernabschlusses unverändert erhöht. Unsicherheitsfaktoren ergaben sich insbesondere aufgrund der nach wie vor erhöhten Inflation, der Entwicklung des Zinsniveaus, geopolitischer Herausforderungen sowie durch die Bemühungen verschiedener Staaten zur Verringerung von internationalen Abhängigkeiten und damit zusammenhängender Handelsbeschränkungen und Sanktionen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Werthaltigkeit nicht finanzieller Vermögenswerte. Auf der Grundlage des aktuellen Kenntnisstands ergaben sich bislang keine Anzeichen für wesentliche Wertminderungen. Ferner ergaben sich wie in Vorjahren keine Hinweise, dass bei der Aufstellung des Konzernabschlusses vom Grundsatz der Unternehmensfortführung abzuweichen gewesen wäre.

Auswirkungen des steigenden Preisniveaus

Im Geschäftsjahr 2023 schwächte sich die hohe Inflation ab. Beschaffungskosten, vor allem für Materialien sowie für Energie, die sich vor allem in erhöhten Umsatzkosten niederschlugen, blieben auf einem Niveau, das über dem vergangener Jahre lag. Die Aufwendungen für den Bezug von Erdgas und Strom beliefen sich für den Konzern im Geschäftsjahr 2023 ebenso wie im Vorjahr auf einen niedrigen dreistelligen Millionen-Eurobetrag. Merck hat zur Kompensation der gestiegenen Beschaffungskosten ebenso wie im Vorjahr Preiserhöhungen am Markt durchsetzen können. Wie im Vorjahr wurden vor dem Hintergrund der Inflationsentwicklung die Annahmen zu den langfristigen Gehalts- und Rententrends für die Ermittlung der Pensionsverpflichtungen auch im Geschäftsjahr 2023 überprüft. Gegenüber dem Vorjahr ergab sich daraus im Rahmen der Bewertung der leistungsorientierten Pensionspläne jedoch nur in einzelnen Ländern ein Anpassungsbedarf und ein Anstieg der Leistungsverpflichtungen (siehe Anmerkung (33) „Rückstellungen für Leistungen an Arbeitnehmer“). 

Auswirkungen des gestiegenen Zinsniveaus

Das im Berichtsjahr 2023 weiterhin erhöhte Zinsniveau beeinflusste erneut die Refinanzierungskosten unserer Kunden insbesondere im Unternehmensbereich Life Science und wirkte sich daher auch auf ihr Nachfrageverhalten aus.

Im Vorjahresvergleich ergab sich aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus ferner ein Anstieg der Diskontierungssätze, die bei der Durchführung von Wertminderungstests und der Bestimmung der beizulegenden Zeitwerte von finanziellen und nicht finanziellen Vermögenswerten verwendet wurden (siehe hierzu insbesondere Anmerkung (18) „Geschäfts- oder Firmenwerte“ und Anmerkung (43) „Angaben zur Bewertung zum beizulegenden Zeitwert“).

Direkte Auswirkungen kriegerischer Auseinandersetzungen

Aus dem Krieg in der Ukraine ergaben sich aufgrund des begrenzten Geschäftsvolumens in Russland, der Ukraine, Belarus und der Republik Moldau keine wesentlichen unmittelbaren Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Merck-Konzerns. Der Anteil der Konzernumsatzerlöse in den genannten Ländern belief sich im Berichtszeitraum ebenso wie im Vorjahr auf unter 1,5 %. Auch aus dem Konflikt im Nahen Osten resultierten im Berichtszeitraum keine wesentlichen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Merck-Konzerns. Der Umsatzanteil von Kunden mit Sitz in Israel an den Konzernumsätzen belief sich im Geschäftsjahr 2023 ebenso wie im Vorjahr auf unter 1 %.

Auswirkungen durch Handelsbeschränkungen und Sanktionen sowie Lieferkettenengpässe

Zur Verringerung von Risiken aus Lieferkettenunterbrechungen wurden in der Vergangenheit die Vorratsbestände erhöht. Dies geht mit einem gestiegenen Risiko eines späteren Wertminderungsbedarfs einher, sofern diese Bestände nicht weiterverarbeitet oder abgesetzt werden können. Ferner werden seit dem Geschäftsjahr 2022 die Auswirkungen der im 4. Quartal 2022 verabschiedeten Handelsbeschränkungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und China im Bereich von Halbleitermaterialien überprüft. Diese führten bislang nicht zu Wertminderungsbedarf. Allerdings besteht ein hoher Unsicherheitsgrad bezüglich der weiteren Entwicklung.

Erhöhter Unsicherheitsgrad aufgrund von Klimarisiken

Als global agierender Wissenschafts- und Technologiekonzern ist Merck transitorischen und physischen klimabezogenen Risiken ausgesetzt, die sich potenziell negativ auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns auswirken können und zu einer erhöhten Schätzungsunsicherheit im Rahmen der Bilanzierung beitragen. Zur Erhebung möglicher Auswirkungen aus Klimarisiken wird derzeit im Rahmen eines Projekts zur Implementierung der Empfehlungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) und mit Unterstützung einer externen Beratungsgesellschaft sowie einer Versicherungsgesellschaft eine strukturierte Klimarisikoanalyse durchgeführt.

Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen

Merck hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die direkten (Scope 1) und indirekten (Scope 2) Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Basisjahr 2020 um 50 % zu reduzieren. Bis 2030 sollen 80 % des Stromeinkaufs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Darüber hinaus plant Merck die indirekten Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Scope 3) definiert als Rate aus Kilotonnen CO2-Äquivalenten pro Euro Bruttoergebnis bis 2030 um 52 % zu reduzieren und bis zum Jahr 2040 einen klimaneutralen Geschäftsbetrieb entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Scope 1–3) zu erreichen. Im Jahr 2022 bestätigte die Science Based Targets Initiative, dass die Ziele für 2030 und die erforderlichen Maßnahmen ihre Ambition sowie die des Pariser Klimaabkommens unterstützen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken.

Die zuvor genannten Ziele sollen insbesondere durch die nachfolgenden Maßnahmen erreicht werden:

  • Reduktion von prozessbedingten Emissionen,
  • den verstärkten Zukauf von Strom aus erneuerbaren Quellen,
  • Energieeffizienzmaßnahmen,
  • eine Emissionsreduktion in der Lieferkette (beispielsweise durch einen Wechsel auf Schiffstransport) sowie
  • die Berücksichtigung eines Schattenpreises für CO2-Emissionen bei Großprojekten.

Transitorische Klimarisiken

Transitorische Klimarisiken beschreiben die Auswirkungen, die aufgrund des Wandels hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaftssystem für Unternehmen resultieren können.

Die größten transitorischen klimabezogenen Risiken für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bestehen im Unternehmensbereich Electronics, der deutlich mehr als die Hälfte der direkten (Scope 1) und indirekten (Scope 2) Treibhausgasemissionen des Konzerns verursacht. Ein Großteil dieser Treibhausgasemissionen entsteht prozessbedingt im Rahmen der Herstellung von Spezialgasen für die Halbleiter- beziehungsweise Elektronikindustrie. Zur Erreichung der selbst gesteckten Klimaziele des Konzerns soll beim Geschäft mit diesen Spezialgasen eine Emissionsreduktion insbesondere durch technologische Verbesserungen im Produktionsprozess erzielt werden. Die Werthaltigkeit der im Zusammenhang mit diesen Produkten bilanzierten Vermögenswerte ist abhängig von der erfolgreichen Umsetzung der technologischen Produktionsverbesserungen, da hierdurch langfristig drohende Kostensteigerungen durch die zunehmende Bepreisung von Treibhausgasemissionen weitgehend vermieden werden könnten. Auf der Grundlage des aktuellen Kenntnisstands werden ferner keine wesentlichen Umsatzrückgänge infolge der Umsetzung der Merck-Nachhaltigkeitsstrategie für dieses Geschäft erwartet. Im Ergebnis ergaben sich bislang weder Anzeichen für Wertminderungsbedarf noch das Erfordernis zur Anpassung von Restnutzungsdauern der betreffenden Vermögenswerte. Aufgrund der Langfristigkeit der zugrundeliegenden Analysen und des hohen Unsicherheitsgrads bezüglich der weiteren Entwicklung bestehen ausgeprägte Schätzungsunsicherheiten.

Als weitere Maßnahmen zur Mitigation von Klimarisiken, schloss Merck mehrere virtuelle Bezugsverträge zum Erwerb von Strom aus erneuerbaren Energiequellen ab und beabsichtigt, diesen auch verstärkt physisch zuzukaufen. Bereits nach der Unterzeichnung von zwei virtuellen Strombezugsverträgen im Jahr 2022 wird zukünftig 90 % des Stromverbrauchs in den USA und 55 % des weltweiten Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt sein. Im Jahr 2023 erfolgte der Abschluss von drei weiteren virtuellen Strombezugsverträgen in Spanien (siehe hierzu die Ausführungen in Anmerkung (42) „Management von Finanzrisiken“ zu den bestehenden virtuellen Strombezugsverträgen mit Windenergie- beziehungsweise Solarpark-Projektentwicklern in den USA und Spanien), die den Anteil nachhaltiger Energiequellen am Gesamtbedarf weiter erhöhen werden.

Merck nimmt am EU-Emissionshandel teil und erwirbt Emissionszertifikate, soweit die durch öffentliche Stellen zugeteilten Zertifikate für die von Merck ausgestoßenen Treibhausgase nicht ausreichend sind. Die Auswirkungen aus diesem EU-Emissionshandel auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt für Merck noch von untergeordneter Bedeutung.

Physische Klimarisiken

Physische Klimarisiken sind Risiken, die aus längerfristigen Veränderungen in den allgemeinen klimatischen Bedingungen resultieren können. Bilanzielle Auswirkungen aus physischen Klimarisiken können sich beispielsweise durch eine erforderliche Verkürzung wirtschaftlicher Nutzungsdauern von Vermögenswerten des Sachanlagevermögens (sogenannte „gestrandete Vermögenswerte“), dem Risiko von Betriebsunterbrechungen sowie erhöhte zukünftige Aufwendungen aufgrund notwendiger Adaptionsmaßnahmen zur Sicherung von Standorten ergeben. Im Rahmen der Erhebung der physischen Klimarisiken im Rahmen des laufenden TCFD-Projekts wurden die langfristigen Auswirkungen des Klimawandels anhand von zwei Erwärmungsszenarien auf 100 Standortcluster des Merck-Konzerns in den Jahren 2030 und 2050 unter Berücksichtigung der Risiken durch Überflutung, Brände, Wind, Hitze, Niederschlag, Dürre, Kälte, Gewitter und Hagel simuliert. Insgesamt ergaben sich aus den identifizierten physischen Klimarisiken bislang keine wesentlichen direkten bilanziellen Auswirkungen. Aufgrund der Langfristigkeit der zugrundeliegenden Analysen und des hohen Unsicherheitsgrads bezüglich der weiteren Entwicklung bestehen hierbei jedoch ausgeprägte Schätzungsunsicherheiten.

Übersicht bedeutender Ermessensentscheidungen und Schätzungsunsicherheiten

Nachfolgend sind die Bilanzierungssachverhalte mit den bedeutendsten Ermessensentscheidungen sowie den umfangreichsten zukunftsbezogenen Annahmen und Quellen von Schätzungsunsicherheiten dargestellt:

Bilanzierungssachverhalt

 

Buchwert zum 31.12.2023 in Mio. €

 

IFRS

 

Ermessens­spielraum/ Schätzungs­unsicherheit

 

Sensitivitäts­analyse

 

Konzern­anhang

Geschäfts- oder Firmenwerte

 

17.845

 

 

 

 

 

ja

 

18

Bestimmung des erzielbaren Betrags

 

 

 

IAS 36

 

hoch

 

 

 

 

Sonstige immaterielle Vermögenswerte

 

6.551

 

 

 

 

 

ja

 

6, 19

Identifikation und Bewertung von
immateriellen Vermögenswerten im Rahmen
von Unternehmenserwerben

 

 

 

IFRS 3

 

hoch

 

 

 

 

Einlizenzierungen immaterieller
Vermögenswerte

 

 

 

IAS 38

 

mittel

 

 

 

 

Bestimmung der Nutzungsdauer

 

 

 

IAS 38

 

mittel

 

 

 

 

Identifikation von Wertminderungs- oder Wertaufholungsbedarf

 

 

 

IAS 36

 

hoch

 

 

 

 

Sachanlagen

 

9.056

 

 

 

 

 

nein

 

20

Bestimmung der Nutzungsdauer und des Restwerts

 

 

 

IAS 16

 

mittel

 

 

 

 

Identifikation von Wertminderungs- oder Wertaufholungsbedarf

 

 

 

IAS 36

 

mittel

 

 

 

 

Leasingverhältnisse

 

500

 

 

 

 

 

ja

 

21

Ansatz und Bewertung von
Leasingverhältnissen

 

 

 

IFRS 16

 

mittel

 

 

 

 

Vorräte

 

4.637

 

 

 

 

 

nein

 

24

Identifikation von Wertminderungs- oder Wertaufholungsbedarf

 

 

 

IAS 2

 

mittel

 

 

 

 

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und sonstige Forderungen

 

4.031

 

 

 

 

 

nein

 

25, 42

Bestimmung der Wertminderungshöhe

 

 

 

IFRS 9

 

mittel

 

 

 

 

Sonstige finanzielle Vermögenswerte

 

 

 

 

 

 

 

 

 

36, 43

Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts bedingter Gegenleistungen

 

125

 

IFRS 13

 

hoch

 

 

 

 

Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts von Eigenkapitalinstrumenten

 

643

 

IFRS 9, IFRS 13

 

mittel

 

 

 

 

Rückstellungen für Leistungen an Arbeitnehmer

 

 

 

 

 

 

 

ja

 

33

Bestimmung der Bewertungsparameter zur Ermittlung des Verpflichtungsbarwerts von definierten Leistungsverpflichtungen

 

4.787

 

IAS 19

 

mittel

 

 

 

 

Sonstige Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten

 

852

 

 

 

 

 

nein

 

27, 28

Ansatz und Bewertung von sonstigen Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten

 

 

 

IAS 37

 

hoch

 

 

 

 

Ertragsrealisierung

 

 

 

 

 

 

 

 

9

Bewertung von Erlösminderungen und Rückerstattungsverbindlichkeiten

 

877

 

IFRS 15

 

hoch

 

 

 

 

Ertragsteuern

 

 

 

 

 

 

 

nein

 

15

Ansatz und Bewertung von Ertragsteuerverbindlichkeiten

 

1.473

 

IAS 12

 

hoch

 

 

 

 

Ansatz und Bewertung von latenten Steuern auf
temporäre Differenzen

 

 

 

IAS 12

 

mittel

 

 

 

 

Ansatz aktiver latenter Steuern auf Verlustvorträge

 

67

 

IAS 12

 

hoch

 

 

 

 

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